Schon in der Mongolei haben wir gemerkt, dass China ein nimmermüdes, geschäftiges Land sein muss. Der Straßenbau dort demonstrierte den scheinbar unersättlichen Willen, jede denkbare Hürde zu überwinden, um den eigenen Einfluss auszuweiten. Jetzt, auf dem Weg zur Grenze, fahren wir auf einer Straße, die parallel zu einer weiteren, gesonderten Straße verläuft. Auf dieser stauen sich auf fast 8 km hunderte Lastwagen, alle im Begriff tonnenweise mongolischer Steinkohle nach China zu bringen. Wir fahren an ihnen vorbei und passieren die ersten Kontrollen. Aus der Mongolei herauszukommen, wird ein Kinderspiel sein – da sind wir uns sicher. Wir sind alle etwas aufgeregt bzgl. der Einreise in das riesige, unbekannte Reich der Mitte. Nachdem uns die freundlichen mongolischen Beamten problemlos weiterreisen lassen (nur den Widderschädel der Franzosen und den Ziegenschädel an Rafaels Motorrad fanden sie nicht witzig), stellen wir fest, dass es – anders, als wir es sonst kennen – kaum einen Transitbereich („Niemandsland“) gibt und das Tor nach China nur etwa 50 m vor uns liegt.
Wir sind etwas verloren als einzige PKW unter den etlichen LKW. Auch die ersten chinesischen Grenzbeamten, auf die wir treffen, müssen erstmal sehen, wo sie uns am liebsten hinhaben wollen. Ausgiebig werden unsere Pässe geprüft und wir geben uns entkrampft und setzen unser Sonntagslächeln auf. Als wir weiterfahren dürfen, werden die Autos im Torbogen mit einer starken Chlorlösung besprüht (Fenster zu! – ich hab’s vergessen…) und wir fahren auf einen großen Platz, auf dem alle LKW zur Kontrolle halten zu haben. Auch wir werden in den nächsten Gebäudekomplex gewunken und höflich aufgefordert, unser Handgepäck mitzunehmen. In einem Vorraum befindet sich ein 3D-Ganzkörperscanner, dessen prüfender Strahlung sich ein jeder aussetzen muss. Es sind persönliche Angaben auf einem Zettel auszufüllen und daraufhin werden wir in einen Raum geleitet, in dem Clement sich zwei Grenzbeamten gegenüber schon prüfenden Fragen (natürlich auf Chinesisch) und Blicken stellen muss. Dies dauert eine Weile und einer der Chinesen, der tatsächlich etwas Englisch spricht und eine führende Position innezuhaben scheint, holt uns anderen wieder hinaus, um in einem weiteren Raum unser Gepäck checken zu lassen. Johanna und ich haben schon am Vortag Rucksäcke vorgepackt, die wir nun vorführen. Mit etwas Geschick und gespielter Ahnungslosigkeit können wir verhindern, dass unsere Smartphones zum Vorschein kommen. Jedoch muss ich meinen Rechner aufklappen und vorführen. Kein Thema – bei mir findet der Grenzbeamte nur Fotos von unserer Abschiedsfeier (ziemlich geile Party!). Ohnehin scheint hier keiner eine echte Ahnung zu haben, wie man Technik bedient. Am Rechner wird lediglich die Windows Foto-App geöffnet (die wir erstmal einrichten müssen – wurde noch nie verwendet…) und die ersten 50 Bilder werden hinabgescrollt. Wenn man zwischendrin auf die Scrollup-Taste klickt, merkt es niemand und man fängt wieder von vorne an. Kaum 2 Minuten hat mein Rechner an Aufmerksamkeit bekommen. Johanna muss ihre Kamera vorzeigen und hat es ähnlich gemacht: die Kamera nicht aus der Hand geben und die Speicherkarte ab Beginn (i.d.F. noch Fotos aus Flensburg) langsam abklicken und am besten zu jedem Foto noch etwas erzählen, sodass den Beamten langweilig wird. Leider muss sie auch ihre zur Erscheinung getretene Festplatte am Rechner der Grenzbeamten vorzeigen. Der stopft das Kabel in jeden USB-Slot einmal hinein, nirgends klappt es, es erscheinen wirre Meldungen und er gibt nach kurzer Zeit auf. Wir ahnen Schlimmes und später wird sich bestätigen, dass die Festplatte mit irgendeinem trivialen Malware-Mist infiziert wurde (haben den Port aber isoliert und die Platte sofort gesäubert – alles nochmal gut gegangen). Auch Rafael hat auf seinem Rechner die Bilder seines letzten Geburtstags preisgegeben und Max musste Kamera und Smartphone vorzeigen. Erste Regel: möglichst nichts aus der Hand geben! Übrigens: keiner von uns hat ominöse Software auf ein Gerät gespielt bekommen. Wahrscheinlich hat es damit zu tun, dass dieser Grenzübergang zu klein und unbedeutsam ist. Zunächst müssen die Wägen ausgeräumt und vorgeführt werden. Johanna’s Funkstrecke und Aufnahmegerät können glaubhaft als Musikrecorder für die mitgeführte Gitalele dargestellt werden und nachdem ich die Säge als Notwendigkeit zur Vorbereitung für Brennholz gegen die Kälte der Hochebene verkaufen kann, ist die Prüfung bestanden. Wer denkt hiermit durch die Customs (Zoll) durchgekommen zu sein, irrt. Wir müssen den Wagen noch über einen Graben fahren, damit auch von unterhalb bestätigt werden kann, dass wir keine verbombten Terroristen sind, und sollen auf den Hof eines riesigen Gebäudes fahren. Dort erfolgt zuerst die eigentliche Passkontrolle (mit Fotoaufnahme – ich kann mir Grimassen bei Fotos nicht verkneifen…) und daraufhin die Aufforderung, die Fahrzeuge komplett leerzuräumen, den Inhalt in Wannen zu packen, diese hinein zum Gepäckscanner zu tragen und dort prüfen zu lassen. Bei unserem Wagen handelt es sich dabei um eine Aufgabe für 1-2 Stunden. Wir sind wenig einsichtig, beschränken das Gepäck auf ein Minimum und bleiben beharrlich. Das zahlt sich aus, denn nun geben zwei der Beamten nach und führen mit unserem Beisein eine Sichtinspektion am Fahrzeug durch. Wenn das gelingt, ist das Rennen so gut wie gewonnen. Wenn man freundlich bleibt, manchmal ein wenig über sich selbst witzelt und Dinge von sich aus zeigt, ist das eine Menge wert. Schlucken mussten wir dann doch noch, als sich die Beamten an dem geschnitzten Waldgeist aufhalten, den Yaroslav uns in Sibirien zum Geschenk gemacht hat. Dieser sei aus Holz und daher ein Risiko bei der Einfuhr. Ich rede auf sie ein und beteuere, dass dies ganz bestimmt kein Problem sei. Ich wage sogar anzuführen, dass bei diesem Argument der komplette Innenausbau des Busses ebenfalls „gefährlich“ wäre, was ja absolut absurd sei. Am Ende geben sie nach, nachdem ich verspreche das gute Stück ganz weit im Inneren zu verstauen. Das einzige Corpus Delicti wird am Ende eine übrig gebliebene Gurke im Kühlschrank sein. Bei uns kommt nichts weg, es sei denn es landet in den Bäuchen, also fräsen Johanna und ich das letzte Stück Grünzeug weg. Dann fahren wir um das Gebäude herum, um unser Gepäck wieder aufzuladen. Drüben wartet Rafael, der mit der Prozedur schon durch ist. Clement muss hingegen den 2CV noch einmal dediziert vorführen. Ob es daran liegt, dass die Beamten so sehr an dem 48 Jahre alten Fahrzeug interessiert sind, oder ob sie tatsächlich einen Zollkonflikt gesehen haben, werden wir nicht erfahren. Als auch er durch ist freuen wir uns, denn damit scheinen wir die chinesische Grenze tatsächlich geschafft zu haben. Wir packen alles in und auf die Fahrzeuge und reihen uns in die LKW-Kolonne, um durch den Checkout der Kontrollen zu rollen.
Hinter der Grenze erwartet uns unser Guide Jimmy(*). Ein Guide ist für unsere Art der Reise (mit dem eigenen Fahrzeug) zwingend vorgeschrieben, muss staatlich zertifiziert sein und ist über eine Agentur gegen ein nicht unerhebliches Entgelt zu buchen. Eigentlich haben wir gehofft ihn schon deutlich früher zu treffen, damit er als Übersetzer für die vielen Prozesse fungieren kann. Aber wir haben es auch allein geschafft. Jimmy stellt sich als ein freundlicher Chinese Mitte fünfzig heraus und will gleich zu Anfang klarmachen, dass wir seiner Ansicht nach nun eine Familie sind und zusammenarbeiten müssen. Er spricht gutes Englisch und sogar ein wenig Deutsch. Dann zeigt er an, dass wir aufbrechen sollten, um alle weiteren Schritte in Takeshiken, der chinesischen Grenzstadt, anzugehen. Jimmy wird uns von nun an in unserem Bus begleiten. Diese Entscheidung erspart uns die Mehrkosten für ein weiteres Auto mit Fahrer, denn Jimmy selbst hat keinen Führerschein. Der nächste Stopp wird (nochmals) der chinesische Zoll sein, diesmal jedoch, um die Fahrzeuge zu Röntgen. Wir fahren los und entlang der 30 km bis nach Takeshiken steht alle 200 m ein Mastbogen über der Straße, auf der Kameras angebracht werden, die uns mit Blitzlicht fotografieren. Ich hatte davon gehört, aber dass es dermaßen viele sein würden, überrascht mich. Schließlich laufen wir auf den letzten LKW einer langen Warteschlang auf. Jimmy verlässt das Auto und läuft den Corso entlang und wir werden plötzlich von drei Auto umzingelt. Aus diesen steigen Polizisten in Zivil, sowie in Uniform. Es ist sehr unübersichtlich, denn eigentlich ist nur eines der Autos als Polizeiwagen zu erkennen. Die anderen beiden sind echte Schrottkarren. Sie fordern unsere Pässe und jeder der gut 10 noch recht jungen Beamten grabbelt an unseren Papieren herum und macht Fotos. Währenddessen erblicke ich Jimmy, der gerade 100 m von uns entfernt telefoniert, und zeige ihm an, dass wir ihn dringend benötigen. 3 Minuten später, nachdem auch die Polizisten verstanden haben, dass er unser Guide ist, und sie ihn ebenfalls herbeigerufen haben, kommt Jimmy an und versucht zu vermitteln. Es scheinen Polizisten zweier verschiedener Zuständigkeiten zu sein, die sich untereinander nicht koordiniert bekommen. Irgendwann löst sich das Spektakel auf und wir dürfen uns noch vor die LKW bis ans Tor der Customs-Kontrollen vordrängeln. Doch dann ist gerade Mittagspause. Jimmy erzählt, er habe „einen Freund“ beim Zoll, ruft diesen an und tatsächlich kommt wenig später eine lädierte Limousine chinesischen Fabrikats vorgefahren und holt uns ab, um uns zum Restaurant zu bringen. Dort verspricht uns Jimmy „very good Noodles“ und wird sein Wort halten.
Wir hauen mächtig rein, denn es schmeckt wunderbar und das Gemüse dazu ist eine Wohltat nach dem mongolischen Fraß. Auch mit den Stäbchen kommen alle nach kurzer Gewöhnung recht gut klar, nur Johanna verschiebt die Nutzung der neuartigen Werkzeuge auf wann später, denn der Hunger schlägt die Geduld. Gestärkt geht es zurück zum Zoll und Mushi fährt als erstes in die gewaltige Halle ein. Dort muss ich sie abstellen und die Halle, sowie einen umgebenen Sicherheitsbereich verlassen. Irgendwelche chinesischen Ansagen über schepperige Lautsprecher versuchen mich zu schnellerem Tun zu bewegen, doch in solchen Situationen ist es wohl besser, die ganze Aktion zu entschleunigen, damit nichts schiefläuft. Mit einem Ohrenbetäubenden Piepen dröhnt ein großer Bogen auf Schienen über Mushi hinweg und daraufhin kann sich das Ganze bei dem Motorrad und der Ente wiederholen. Dann muss noch irgendein Papierkram abgewickelt werden, die Beamten lassen sich stolz vor den Fahrzeugen portraitieren und dann bringen wir unsere Autos und das Motorrad auf einen weiter entfernten Parkplatz des chinesischen Zolls. Wir packen Sachen für das Hotel und lassen unsere Gefährten zurück auf dem glücklicherweise gesicherten Gelände. Jimmy legt uns ein paar Yuan für einen Laden aus und wir verabreden uns mit ihm für den nächsten Morgen zum Frühstück, denn er selbst ist in einem anderen Hotel untergekommen. Zum Abschluss dieses aufregenden Tages gönnen wir uns fürchterliches chinesisches Leichtbier und fallen zufrieden in die Betten.
Der erste Morgen in China startet mit einem formidablen Frühstück in dem Restaurant, das wir schon von gestern kennen. Danach erkunden wir den kleinen Grenzort und erfreuen uns an den schrägen Fahrzeugen und den kleinen Läden am Markt. Hier finden wir auch dieselbe örtliche Aufteilung von Handwerken vor, wie wir sie z.B. aus Indien und Istanbul kennen.
Heute und der kommende Tag wird für uns hauptsächlich daraus bestehen, immer wieder auf Meldung vom Zoll zu warten, dort auch mal aufzukreuzen, um ihnen die Fahrgestellnummer zu zeigen oder auch mal aus „Hygienegründen“ ein wenig der schicken Borke von unserem Klapptisch abzugnabbeln und darauf hinzuarbeiten, dass wir mit den Autos endlich bei der (Verkehrs-)Polizei vorfahren dürfen, um sicherheitstechnisch belehrt zu werden. Das geschieht dann auch am kommenden Nachmittag und wir erfahren, dass wir für unsere Fahrzeugpapiere, sowie die temporären Führerscheine in die nächstgrößere und etwa 1,5 Stunden entfernte Stadt Qinghe umsiedeln müssen. Wir überzeugen Jimmy, dass es sinnvoll ist, dies erst am kommenden Morgen zu machen, da wir in Takeshiken wissen, woran wir sind und die Damen und Herren bei der Polizei sowieso erst um 10.00 Uhr mit der Arbeit beginnen würden.
Unser erster Stopp wird bei dem chinesischen TÜV sein. Das Motorrad und Mushi kommen problemlos durch die Tests, bei der Ente verbreite sich erstmal große Unsicherheit. Der Prüfer, der das Fahrzeug durch die Kontrollen fährt, weiß noch nicht mal, wie er mit der altertümlichen Revolverschaltung umzugehen hat. Die Franzosen sind ziemlich nervös, vor allem, als es an den Lichttest geht. Eine der vorderen Lampen hat kurz zuvor ihren Dienst versagt. Aber alle Fahrzeuge werden wieder vom Platz gelassen und es geht weiter zum Polizeirevier.
Als wir dort ankommen wissen wir noch nicht, dass wir den ganzen Tag auf dem Polizeigelände verbringen werden. Die Arbeiten erscheinen uns undurchsichtig, aber wir bringen die Zeit herum, indem wir uns die hunderten konfiszierten Fahrzeuge auf dem Areal anschauen. Clement muss mit dem Polizeichef in Person nochmal los und Ersatzteile für die Lichtanlage des 2CV kaufen und einbauen, damit der Prüfbericht auch hinnehmbar wird. Die Polizisten geben uns Snacks und eine warme Fertigsuppe aus und abends werden wir dann – scheinbar unverrichteter Dinge – in ein örtliches Hotel gebracht, das Dank der Einwirkung des Polizeichefs für uns die Preise fast auf ein Viertel herabsenkt. Wir drehen noch eine Runde durch den Ort, besteigen eine Anhöhe, um in wenigen Kilometer Entfernung den für uns ersten Schnee an Berghängen zu entdecken, und abends finden wir ein tolles kasachisches Restaurant, in dem sich mehrere ältere Damen zusammengefunden haben, um gemeinsam zu essen, zu singen und zu tanzen. Heute ist Max‘ Geburtstag und so lassen wir uns gern von der guten Stimmung anstecken und das Essen ist köstlich! Später am Abend verlagern wir die Runde in die nebenliegende Karaokebar und lassen es so richtig krachen… und gehen allen anderen Gästen mächtig auf den Zeiger. Die Liedauswahl der Karaokemaschine beschränkt uns auf gut ein Dutzend Klassiker wie „Country Roads“ von John Denver oder „Angels“ von Robbie Williams und diese geben wir, von einigen Lightbeers auf Stimmung gebracht, zum Besten.
Wir müssen auch den kommenden Tag mit einigem Warten verbringen, doch nachmittags vernehmen wir dann die gute Nachricht, dass wir unsere neuen Fahrzeugpapiere und Führerscheine abholen dürfen. Auch das wird aber nochmal zu einem zeitintensiven Prozedere, denn die aufgeregte Polizeidirektion macht daraus einen regelrechten Pressetermin. Wir müssen uns in Reih und Glied aufstellen und von einem gegenüberstehenden und zurechtgemachten Polizeibeamten zuerst das neue Kennzeichen entgegennehmen und daraufhin ein jeder von uns den neuen Führerschein. Dazu werden festlich Hände geschüttelt. Währenddessen werden von der Polizeifotografin professionell mit allen Smartphones der anwesenden Polizisten Fotos gemacht. Es erscheint alles etwas absurd, aber wir wissen, dass unsere Gegenüber so ein Erlebnis auch nicht alle Tage haben werden. Sicherlich sollen die Fotos auch als persönliche Referenzen für die bevorstehende Karriere verwendet werden. Einige hundert Fotos später machen wir uns von dannen, denn wir vermissen unsere Zelte und wollen nicht noch eine Nacht im Hotel hocken.
So fahren wir auf die schneebedeckten Berge zu, drüber hinweg, rechts und auf die Route gen Süden zu. Nachdem ich eigenmächtig und in voller Überzeugung das Richtige zu tun auf eine Strecke nach Süden einbiege (unser Navi fand den Weg auch gut), rief unser Guide „Stop!“, wir sollen umdrehen und weiter gen Westen fahren. Dort sei die richtige Strecke. Wir drehen also und fahren zu der nebenliegenden Strecke. Zuerst sehen wir ein großes Schild, das verlautbarte, dass Rafael mit seinem Motorrad nicht weiterfahren dürfe. Jimmy sagt verunsichert, das würde schon klappen. Dann sehen wir das große Maut-Tor, das offensichtlich auf die Autobahn führt. Wir sind etwas verstimmt, da wir Jimmy doch extra vorgegeben haben, dass wir Autobahnen vermeiden wollen. Erstens wegen der wahrscheinlich weniger schönen Wegstrecken und zweitens, weil wir die Maut sparen wollen. Die zulässige Maximalgeschwindigkeit der Autobahn würden wir obendrein mit unserer Karawane nicht erreichen können. Es kostet einige Überredung, dass Rafael nun doch mit auf die Strecke darf und dann geht es weiter. Einsam auf der mehrspurigen Bahn, nur wenige hundert Meter weiter die rege Nebenstrecke mit Fahrzeugen, die mindestens genauso schnell wie wir unterwegs sind. Es wird dunkel und wir kommen zu dem nächsten Grund, warum wir die Autobahnen meiden wollten: es führt kein Weg ab der Strecke, die komplette Fahrbahn ist eingezäunt. Jimmy versichert uns jedoch, dass er ein gutes Plätzchen entlang der Strecke kennt. Es sei ein Parkplatz, man könne dort gut stehen. Als es komplett dunkel ist, erreichen wir diesen Platz. Ein riesig großer Rastplatz, der sich im Bau befindet. Es ist schrecklich windig und daher fraglich, ob man überhaupt auf dieser offenen Fläche stehen kann. Jimmy läuft planlos umher, während wir einen windgeschütztes Platz hinter einem der sich im Bau befindlichen Gemäuer finden. Es ist ziemlich kalt, aber nachdem Johanna und ich Mushi noch windschützend dazugestellt haben, kann man es wirklich gut dort aushalten.
Am nächsten Morgen wird die Gruppe jäh zum Aufstehen gebracht, denn die Bauarbeiten beginnen früh. Weiß der Teufel wieso, aber die Handwerker scheinen auf dem Dach des neuen Gebäudes wieder etwas abzureißen und schmeißen den Bauschutt hinab in den Container, der gut 5 Meter neben uns steht. Guten Morgen! Wir lassen das Leben zurück in unsere Glieder kehren und machen uns nach dem Abbau unseres Lagers wieder auf, in froher Erwartung darauf, die Autobahn schnellstmöglich zu verlassen. Der Autobahn-Spaß soll uns übrigens ganze 6 € pro 100 km kosten. Wahnsinn! Auf der kostenlosen Nebenstrecke kommen wir aber wieder auf bessere Gedanken und sehen die Wüste Gobi an uns vorbeiziehen. Schnurgerade zieht sich der Weg gen Süden und in weiter Entfernung ist bereits das Tian-Shan-Gebirge zu sehen. Nur hinter uns fehlt es auf einmal an etwas. Unser kleiner, roter Kompagnon ist im Rückspiegel nicht mehr zu sehen. Wir halten also und warten ab. Als Clement und Max uns endlich einholen, berichten sie, dass sie gestern bereits ein wenig Leistungsverlust gespürt haben und dieser sich heute extrem ausgeweitet habe. Wir halten auf einem kleinen Halteplatz neben der Straße und wagen einen Blick auf den überschaubaren Motor. Wir tauschen die Zündeinheit, reinigen und basteln alles wieder zusammen, doch die Befürchtung liegt bei minderwertigem Treibstoff. Leider haben wir noch immer kein mobiles Internet, sodass unsere Fehleranalyse wenig weitreichend ist. Wir ahnen, dass es im schlimmsten Fall der Vergaser ist. Nach wenigen Kilometern ist klar, dass die Ente nicht mehr weiterkann. Wir vertäuen sie mit Mushi und schleppen sie gut 100 km an den Fuß des Tian-Shan, wo wir spät und in finsterster Dunkelheit einen Übernachtungsplatz finden, an dem wir hoffen nicht von der Polizei oder irgendwem anderen gefunden zu werden.
Während wir das Benzin aus der Ente saugen, hat sich zu allem Überfluss noch unser Guide verpieselt. Wir dachten, dass er witzelte, als er meinte, wir können nun ja nach einem Restaurant suchen, um „famous noodles“ zu essen. Aber wir ahnen schnell, dass er sich nicht mit unserem gekochten Essen begnügen wollte, zu dem wir ihn eingeladen hatten. Wo ist Jimmy? Zwei Stunden später steht er wieder vor uns und wir wissen gar nicht, wie wir unsere Verärgerung zeigen sollen. Was, wenn uns die Polizei doch gefunden hätte? Jimmy ist doch tatsächlich mehrere Kilometer weit gewandert, um zu Abend zu essen. WTF?!
Am nächsten Morgen koppeln wir die Ente wieder an Mushi und rollen westwärts in Richtung Urumqi. Als wir 50 km weiter eine der gewöhnlichen Polizeikontrollen erreichen (man wird hier immer aufgefordert das Fahrzeug abzustellen und persönlich mit dem Reisepass in die Station zu gehen; hier fummelt dann ein jeder Beamter an den Papieren herum und fotografiert diese mit dem eigenen Smartphone; offenbar sind Leute wie wir eine wahrliche Abwechslung zu dem schier todlangweiligen Alltag; Han-Chinesen müssen übrigens nichts vorzeigen, alle Uiguren werden identifiziert und müssen ebenfalls durch die Kontrollen, allerdings nur durch die automatisierten Pass- und Irisscanner), kommen wir auf den Gedanken einen der Polizeibeamten nach einer Werkstatt zu fragen. Jimmy hat es zwischenzeitlich nicht hinbekommen irgendeine weitere Werkstatt anzurufen. Wir fahren die erste Werkstatt an, die hat ein Auto wie die Ente noch nie gesehen und lehnt ab. Wir werden dann in die Werkstatt gebracht, die die Autos der Polizei instand hält. Hier hat man einen guten Namen zu verlieren und schon stehen einige Mechaniker um die Ente herum. Es wird erstmal versucht ein grundlegendes Verständnis für dieses Vehikel zu entwickeln. Bald wird klar, dass es wohl der Vergaser sei. Dafür müsse allerdings ein befreundeter Spezialist ans Werk. Eine Stunde später ist dieser da und beginnt mit dem Auseinanderbau des etwas speziellen Zweikammervergasers. Nachdem er das Funktionsprinzip durchstiegen hat, stellt er fest, dass eine Schwimmeraufhängung und die Membran ziemlich zernudelt sind. Nun ist guter Rat teuer, denn Ersatzteile für diesen Wagen sind in ganz China nicht zu kriegen. Der Mechaniker fährt in seinen eigenen Betrieb, um nach passenden Ersatzteilen zu suchen, findet aber nichts, wie er uns Stunden später mitteilt.
Es ist mittlerweile wieder dunkel geworden und wir fragen den Werkstattbesitzer, ob wir nicht auf seinem Hof nächtigen können. Er willigt ein, möchte jedoch Rücksprache mit den ständig anwesenden Polizisten halten. Diese willigen nicht ein. Keine Chance. Wir werden dazu genötigt in das einzige internationale Hotel der Gegend einzukehren, ein Palazzo-Prozzo, der auch entsprechend bezahlt werden will. Hier hilft uns die Polizei nicht weiter, um vergünstigte Konditionen zu bekommen. Bei uns ist die Laune im Keller und als der Betreiber auch noch Anstalten macht mich und Johanna nicht auf ein Zimmer zu lassen („because you’re not married“) sind wir kurz vor Explosion. Wir beruhigen uns, schlucken die bittere Pille und gehen nochmal hinaus, um etwas zu essen. Das Verhältnis zu Jimmy ist über den Tag immer distanzierter geworden. Wir merken, dass er uns nicht weiterhilft (vielleicht kann er es nicht? – aber sollte er das nicht eigentlich müssen, da wir ihn für seine Arbeit als Guide bezahlen?!) und haben ihn unsere Enttäuschung darüber hin und wieder spüren lassen. Dennoch wollen wir abends mit ihm zusammen hinaus, weil wir in der nahen Futtermeile ein paar neue Speisen austesten wollen. Doch Jimmy fängt stur wieder von seinen Nudeln an und wir lassen ihn entnervt in ein Nudelrestaurant ziehen und gehen allein weiter. Und es lohnt sich, denn egal, was wir in die Finger kriegen – es schmeckt fantastisch! Wir holen uns noch etwas zu trinken und cornern den Rest des abends auf dem Parkplatz vor dem Schickimicki-Hotel mit Dosenbier und sich bessernder Laune.
Am nächsten Tag wird klar, dass der Vergaser getauscht werden muss. Da es sich um einen simplen Zweitakter-Motor handelt, entschließt man sich den Vergaser eines Motorrads zu modifizieren und einzubauen. Wir ahnen nur, wie lange dies dauern wird und Rafael schlägt vor, den Mechanikern zwei Tage Zeit zu geben und zwischenzeitlich nach Turpan zu fahren. Turpan liegt südlich des Tian-Shen-Gebirges und am nördlichen Rand der Takla-Makan. Wir finden den Vorschlag super und machen uns kurzerhand auf den Weg. Es sind 4-5 Stunden Fahrt durch leicht gebirgiges Gelände, in dem nun vermehrt Windparks zu sehen sind.
Unsere Fahrt zu fünft in Mushi läuft reibungslos und gegen Abend erreichen wir die Oasenstadt Turpan. Wir finden ein tolles Hostel („White Camel Hostel“), während Jimmy uns lieber in einem Hotel untergebracht gesehen hätte. Doch final willigt er ein, das erste Mal in seinem Leben in einem Hostel zu übernachten. Um Geld zu sparen und Gemeinschaft zu vermehren, nehmen wir ein 6-Bett-Zimmer. Egal, wo man unterkommt: die Betten sind in China sehr hart. Aber hier sind es echte Bretter! Was nicht tötet, härtet ab und sowieso entschädigt der Gemeinschaftsbereich des Hostels ungemein. Es gibt Bier und Billard, außerdem ausgiebig Sitzmöglichkeiten. Wir stromern nochmal durch die Innenstadt für etwas Streetfood, eine Portion der uighurischen und zweifelsohne besten Nudeln der Welt und lassen den Abend angetrunken ausklingen.
Wir verbringen den kommenden Tag mit einem Ausflug zur antiken und unbedingt sehenswerten Ruinenstadt Jiaohe, schlendern durch die Weingärten, Naschen von luftgetrockneten, zuckersüßen Rosinen und Treiben durch Turpan. Hier ist der Geist der antiken Seidenstraße ernsthaft zu spüren! Nachmittags gelangen wir in eine der letzten verbleibenden, ursprünglichen Wohngegenden der Uiguren in Turpan. Die Han Chinesen haben im Rahmen ihrer großflächigen Okkupation Xinjiangs bereits die meisten Wohnsiedlungen der Einheimischen niedergerissen und gegen moderne Wohnkomplexe oder Wirtschaftsgebäude ersetzt. Wir genießen die Originalität der Wege und Gassen, die charismatischen Menschen und das sonnige Wetter.
Als wir dabei zuschauen dürfen, wie eine uighurische Familie gerade dabei ist eine Ziege zu zerlegen, werden wir zum Essen und Tee eingeladen. Wir sitzen mit dem Familienvater und dessen Brüdern zusammen im Wohn- und Schlafraum und bekommen Suppe und gefüllte Nudeln serviert. Das Gespräch ist super interessant, denn endlich fühlen wir uns danach auch Fragen stellen zu können, die uns schon länger unter den Nägeln brennen. Wir erfahren, dass auch dieses heimelige Haus mit seinem tollen Lichthof in den nächsten 2 Jahren abgerissen und die gesamte Siedlung durch chinesische Wohnbauten ersetzt werden soll. Die Familie hat im Gegenzug ein paar Wohneinheiten in einem solchen modernen Wohnkomplex sowie Geld angeboten bekommen. Wir merken, dass sie nicht ganz ehrlich sind, als sie sich als dankbar für diesen Umbruch ausdrücken wollen. Zwischenzeitlich kommt immer wieder jemand hinein, mal eine der Frauen, um mehr zu essen zu bringen, mal aber auch andere Gesichter. Nach einem langen und herzlichen Abschied und ein paar Fotos erfahren wir, dass unter diesen Gesichtern auch der chinesische Staatsschutz war. Wir werden auf der Straße vor dem Haus gestellt und Jimmy muss sich einem ernsthaften und aufgeregten Wortgefecht mit dem Anführer der Truppe stellen. Die Familie nimmt dies erschrocken zur Kenntnis und zieht sich zurück. Jimmy wird sichtlich zur Demut gezwungen und berichtet uns später, dass ihm gedroht worden sei, ihm könne seine Lizenz entzogen werden. Jimmy wird von jetzt an noch weiter in sich gekehrt sein und jedes Mal, wenn die Polizei auftaucht, verschreckt sein. Als erste Reaktion löscht er jetzt jedoch die mit dem Familienvater ausgetauschte Nummer und die eben gemachten Fotos.
Wir fühlen uns erst etwas schuldig, wir könnten Jimmy zu etwas gedrängt haben. Aber später machen wir uns bewusst, dass selbst Jimmy nicht mit solch einer Reaktion gerechnet hat. Wir haben wieder einen schönen Abend und lernen im Hostel weitere chinesische Reisende kennen, mit denen wir Billard spielen und essen. Auch der junge Herbergshund hat es uns angetan und ist ein klasse Spielpartner.
Als wir die Rückfahrt hinter uns gebracht und die Werkstatt und die Ente wieder erreicht haben, stellen wir ernüchtert fest, dass die Arbeiten noch nicht abgeschlossen sind. Der neue Vergaser wurde zwar an den alten Motor angepasst und eingebaut, aber die Luftzufuhr noch nicht neu verlegt. Die neue Konstruktion verlangt einige Anpassung und neue Arrangements. Dies kostet wieder einige Zeit, die Franzosen tun sich schwer damit die Nerven zu behalten. Ich gebe mein Bestes, dass sie sich wieder der Sache besinnen und Johanna und Rafael helfen super mit, indem sie auf dem Werkstattparkplatz etwas Soulfood kredenzen. Ein Grund für die schwachen Nerven der Franzosen ist mit Sicherheit die Ungewissheit über die finalen Kosten der ganzen Nummer, denn sie haben kaum Geld mit auf ihre Reise genommen und es vorher versäumt über den machbaren finanziellen Rahmen zu reden. Hier also der Rat an alle Reisenden: egal wo ihr seid, ein solches Gespräch muss unbedingt immer vorher geführt werden! Hier war das Kind schon in den Brunnen gefallen und nun muss das entscheidende Gespräch geführt werden. Clements Nerven sind allerdings derart blank, dass er beim genannten und seiner Meinung nach viel zu hohen Preis direkt einwilligt. Ich kriege es gerade noch hin, den Preis um ein paar Prozente zu drücken, bevor Clement mit dem Geld wieder da ist und der Werkstattbesitzer zum Abschluss des Geschäfts uns mit seinem Handy fotografieren lässt. Dabei starren wir alle auf die Handyhülle, auf der in großen Lettern „I like Money!“ zu lesen ist.
Ne, aber ehrlich, der Preis scheint durchaus gerechtfertigt, wenn man die vielen Arbeitsstunden und die Sonderanfertigung berücksichtigt. Auch lässt der Chef sich nicht lumpen und schenkt unserer Gruppe einen riesen Haufen frische Backwaren, die er zwischenzeitlich eingeholt hat.
Wir düsen weiter und nehmen Kurs auf die Provinzgrenze nach Gansu. Doch wir kommen heute nicht weit. Wieder hat der ganze andere Kram uns zu sehr aufgehalten uns so finden wir einen Platz in einer alten, stillgelegten Kieskuhle – fernab von allen Blicken. Von nun an fahren wir wieder viel, um verlorene Zeit aufzuholen. Immer wieder halten uns neben den Polizeikontrollen auch die Vorgänge an den Tankstellen auf, denn man braucht nicht nur den Ausweis des chinesischen Guides, um sich zu legitimieren und die Wachen die Schranken öffnen zu lassen, nein, insbesondere Motorradfahrer sind gebeutelt. Rafael muss jedes Mal sein Motorrad außerhalb stehen lassen und erst Behälter der Tankstelle mit Benzin füllen lassen, um sie dann einzeln zu seinem Moped zu tragen und einzufüllen. Hammer umständlich!
Dennoch können wir die herrlich unwirtliche Gegend um uns herum genießen und finden wieder Plätze draußen zum Schlafen, um den eigentlich vorgeschriebenen Hotelaufenthalten zu entgehen. Zum Entsetzen der Franzosen taucht der plötzliche Leistungsverlust jedoch wieder auf. Im Affekt werden neue Zündkerzen besorgt und verbaut. Mittlerweile haben wir Internet und ich recherchiere über deutsche Foren, dass eine ganz übliche Ursache für diese Symptome defekte Kondensatoren sein können, die hinter dem Zündverteiler sitzen. Ich lese mich ein wenig in die Funktionsweise der Zündvorrichtung ein und erkläre Clement, was ich da in Erfahrung gebracht habe. Wir wechseln den Kondensator, denn zum Glück haben sie wenige neue dabei. Danach läuft der Hobel wieder wie geschmiert. Doch wie lange? Ich habe auch gelesen, dass nur Kondensatoren eines ganz bestimmten Herstellers zuverlässig seien, und die Ersatzkondensatoren der Franzosen sind andere… Es geht weiter und es wird immer kälter. Wir machen uns Sorgen um Rafael und es führt nichts daran vorbei, dass wir hin und wieder anhalten, um ihn sich im Bus aufwärmen zu lassen. Seine Griffheizung leistet einfach nicht das, was er benötigt. In der Kleinstadt Muyecun legen wir einen Halt ein und haben Glück: in einem kleinen Motorradladen finden wir Überhandschuhe für Rafaels Motorrad. Die tun fortan ihren Dienst und der Biker strahlt wieder!
Neben dem Moped-Laden gibt es sehr leckere Dampf-Knödel zu kaufen und viele alte Männer, die beim chinesischen Schachspiel zu beobachten sind. Herrlich gelassen! Wir brechen auf. Entlang der Straße sind wenig später Militärs beim Marsch zu sehen. Ein Anblick, der einen wieder einmal nachdenklich werden lässt, wenn man an die Bedrohlichkeit der Chinesen in der Welt, aber insbesondere über die Unterdrückung der Uiguren in China denkt. Kurze Zeit später wird die Straße das erste Mal mit Schnee und Eis bedeckt sein.
Die Probleme der Franzosen mit ihrem Wagen scheinen leider nicht abzureißen. Jetzt sind es die Zündkerzen, die wir alle 100 km völlig verkohlt aus dem Motorblock drehen. Das läuft wirklich super…
Als wir die Provinzgrenze erreichen, wollen wir zur Feier des Erlebten noch einmal zusammen Nudeln essen, halten und die Brüder beginnen wieder mal sich über den Motor ihrer Karre herzumachen. Als wir ihnen zeigen, in welchen Laden wir gehen wollen, lehnt Max, etwas vorgeschickt, ab und verweist darauf, dass sie noch was zu tun hätten. Da wir wissen, dass nicht mehr viele Optionen für einen kurzen Eingriff übrigbleiben und keine dieser viel Zeit in Anspruch nimmt, bestehen wir darauf, dass sie mit uns essen und wir so auf beide warten. Wir ahnen schon, dass der eigentliche Grund das schmale Portemonaie sein würde, können das aber angesichts des wirklich günstigen Essens nicht einsehen. 2 € für eine riesen Portion selbstgemachter Nudeln mit ordentlich Gemüse – dafür kannst du’s nicht selber machen! Und auf Gequake habe ich gerade auch keine Lust, sondern Hunger, und sollten sie davon anfangen, gebe ich ihnen einfach das Essen aus! Fünf Minuten später offenbaren sie uns, was wir schon gedacht haben. Aber mehr noch, sie verurteilen quasi unsere dekadente Art und Weise zu reisen. Das Schlafen in Hotels oder Hostels und das Essengehen – sie würden ja auch mit Crackern und Keksen über den Tag kommen. Für diese Aussage vergesse ich mein Vorhaben und wenig später dürfen sie sich angucken, wie wir nochmal echt leckere Nudeln ohne sie essen. Sollen sie doch glücklich werden mit TucTuc-Crackern – Essen gehört doch schließlich mit zu einer Reise, oder nicht?! Und die Hostelübernachtungen peilen wir auch nur dafür an, dass die Gruppe sich auch abends mal am Tisch oder beim Spaziergehen sieht, und nicht nur von einem Vehikel ins andere. Wir sind etwas genervt und nehmen uns für die Zukunft vor, etwas weniger auf die kleinen Jungs Rücksicht zu nehmen. Echt schade um die Truppe!
Wir finden einen Platz im Nirgendwo kurz hinter der Grenze und versuchen die abgekühlte Stimmung durch ein warmes Feuer aufzuhellen. Von morgen an wird es südwärts gehen, durch Gansu mit Abstechern nach Qinghai bis zu Sichuans Hauptstadt Chengdu.
(* Wir haben den Namen unseres Guides geändert, da unsere schlechten Erfahrungen mit ihm ihn nun nicht nachhaltig schaden sollen. Solltet ihr allerdings ernsthaftes Interesse an einer Durchquerung haben und somit sichergehen wollen, dass ihr nicht Ähnliches erlebt, dann meldet euch gern bei uns. Gern geben wir euch dann den richtigen Namen weiter, damit ihr ihn als No-Go (egal bei welcher Agentur, denn die meisten Guides sind Freelancer) erwähnen könnt.)
Wenn einer eine „Gruppenreise“ tut, so kann er was erzählen….. nach jedem Tief kommt auch wieder ein Hoch! Freue mich jetzt schon auf Teil II der China-Reise und die weiteren Erfahrungen. Bleibt euch immer selbst treu !